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AHO Aktuell - 02.09.2000

Der Hund als Kontaktagent oder Waffe


(aho) Dass der Hund des Deutschen bester Gefährte ist, zeigen nicht
nur die zahlreichen Hundesalons, gepflegte Tierfriedhöfe und eine
umsatzstarke Industrie. Diäten, Shampoos und Menüs für die Vierbeiner
wurden mehrfach in Laboren getestet. Doch wie steht es mit der
Beziehung zwischen Mensch und Hund? Studierende der TU Berlin
befragten dazu mehr als 300 Berliner.

Gefährliche Beißattacken auch auf Kinder, so wie sie in den vergangenen
Monaten immer wieder berichtet wurden, zeigen die bedrohliche Seite der
Mensch-Hund-Gemeinschaft. Nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen
gibt es, die die Beziehungen zwischen Hunde- und Nichthundebesitzern
sowie den Vierbeinern unter die Lupe nehmen. Eine wurde kürzlich an der
Technischen Universität Berlin am Fachbereich Erziehungs- und
Unterrichtswissenschaften durchgeführt. Insgesamt befragten
Wissenschaftler und Studierende 175 Hundehalter und 166
Nichthundebesitzer in Berlin.
Auffallend ist, dass sich bei den befragten Frauen die Beziehung zu
ihren vierbeinigen Haustieren ab Mitte 30 verstärkt und im Rentenalter
noch einmal anwächst. War sie bis zum 35. Lebensjahr bei Männern und
Frauen nahezu gleich groß, so ist bei den männlichen Hundebesitzern ein
absolutes Tief um das 45. Lebensjahr zu erkennen. "Die wachsende
Beziehung bei den Frauen und die deutliche Distanzierung bei den
Männern hängt wohl mit der beruflichen Entwicklung zusammen. Im
Alter von 35 bis 45 Jahren scheinen vor allem Männer andere Prioritäten
zu setzen und weniger Zeit für den Hund zu haben. Das ändert sich
jedoch im positiven Sinne mit steigendem Alter", berichtet Prof.
Bernhard Dieckmann, der die Umfrage betreute.

Besonders bei Senioren ersetzen Hunde fehlende Partner. Oftmals
strukturieren die Bedürfnisse des Tieres den Tagesablauf des Menschen
und geben ihm somit einen festen Halt im Alltag. "Der Hund ist ein
angenehmer Begleiter", so der Soziologe, "denn er ist ein großer
Opportunist, er gehorcht, zeigt sich dankbar und freundlich." Wegen
einer bestimmten Aufgabenerfüllung wird er nur von den wenigsten
Tierhaltern geschätzt. Vielmehr als Freund sehen über die Hälfte der
Befragten ihren Pudel oder Schäferhund. Selbst ein Drittel der
Nichthundebesitzer wünscht ihn sich als treuen Kameraden. Die enge
Verbindung spiegelt sich auch darin wider, dass rund 80 Prozent der
Hundebesitzer ihrem Haustier eine Seele zusprechen. Selbst viele, die
keinen Hund besitzen, glauben daran.
Der Hund sei mit seinen positiven Wirkungen ein guter Partner für eine
Großstadt wie Berlin, wenn da nicht die Probleme mit dem Kot und der
Aggressivität wären. Denn neben dem positiven Effekt, dass das Tier als
Helfer und Partner fungiert, existiert auch der negative. "Es gibt
Menschen", so der TU-Soziologe, "die aus unterschiedlichen Gründen eine
Distanz zu anderen wünschen. Sie schaffen sich - wahrscheinlich
unbewusst - häufiger als andere einen Hund an, der durch seine
Gefährlichkeit diesen Abstand ermöglicht." Große und teilweise
aggressive Hunde dienen dafür als Werkzeug. Je nach Gefährlichkeitsgrad
schwankt auch die Beziehungsintensität: Wird der Hund als ungefährlich
eingestuft, ist das Verhältnis zu ihm viel stärker ausgeprägt. Bei
Besitzern von gefährlichen Tieren erkennt man deutlich eine größere
Distanz zu ihnen. Sie könnte ein Indiz dafür sein, dass der Vierbeiner
hier nur als "Werkzeug" angesehen wird.
Auch als "Kontaktagent" zu anderen sehen viele Hundebesitzer ihren
Vierbeiner gern. Doch, und das zeigen die Ergebnisse, bleiben
Hundebesitzer und Nichthundebesitzer lieber unter sich. Die Mehrheit,
die einen Vierbeiner an der Leine führt, wünscht sich den Umgang mit
anderen Hundehaltern. Und die, die kein Haustier besitzen, haben ein
weitaus schwächer ausgeprägtes Bedürfnis nach jenen, die Hunde in ihrer
Nähe haben wollen. Zudem scheinen sich Hunde auch dafür zu eignen, dem
Halter eine elegante Erscheinung zu verleihen. Hierauf deutet zumindest
der Befund hin, dass ein Faible für schöne Autos und elegante Wohnungen
mit der Vorliebe für schöne und auffallende (Rasse-)Hunde statistisch
zusammenhängt.
Die 341 Befragten, davon 54 Prozent Frauen, wurden vor allem im
Stadtpark Tiergarten zufällig ausgewählt. Unter ihnen waren
beispielsweise 34 Besitzer von Schäferhunden, 13 Dackelbesitzer, sechs
Pitbull-Halter und ein Besitzer eines Mopses. Nicht in allen Berliner
Bezirken liegen gegenwärtig vollständige Hundesteuer-Karteien bei den
Finanzämtern vor. Wollte man eine repräsentative Stichprobe auswählen,
so müsste man darauf zurückgreifen können. stt


idw, 01.09.2000
 



 

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