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AHO Aktuell - 10.06.2001

Schweiz: Dem Fuchsbandwurm geht es an den Kragen


(upb) - Einige Infektionskrankheiten können von Tieren auf den Menschen
übertragen werden. Zu diesen gehört eine schwere Lebererkrankung, die
alveoläre Echinokokkose. Sie wird durch den "Kleinen Fuchsbandwurm"
verursacht, der in der Leber des Menschen eine tumorähnliche Veränderung
bewirkt. Überträger auf den Menschen ist nicht nur der Fuchs, sondern
auch der Hund. Mit einem Nationalfonds-Projekt soll nun herausgefunden
werden, wie die körpereigene Immunabwehr zu unterstützen ist, damit die
Erkrankung erfolgreich abheilen kann.

Eier des Fuchsbandwurms werden vom Fuchs ausgeschieden, wenn er Kot
absetzt. Die Vorstellung, dass es deshalb riskant ist, Waldbeeren zu
essen, ist weit verbreitet. Über diese Behauptung muss Prof. Bruno
Gottstein, Direktor des Instituts für Parasitologie an der Universität
Bern, eher schmunzeln. "Waldbeeren sind kaum relevant für eine
Ansteckung", erläutert er. "Der eigene Hund oder die eigene Katze sind
als Überträger viel wichtiger."

Fuchs, Katze und Hund erkranken nicht

Obwohl der Fuchs in den letzten Jahren zunehmend auch in städtischen
Gebieten zu beobachten ist, kommt der Mensch nur selten mit ihm in
direkten Kontakt. Als Überträger gefährlicher sind Hund und Katze,
wenn sie Mäuse jagen und dabei infizierte Tiere fangen. Allerdings
erkranken Fuchs, Hund und Katze als sogenannte Endwirte nicht selber.
Sie tragen die erwachsenen Parasiten, die nur 2 bis 5 Millimeter gross
sind, im Darm. 31 Tage, nachdem sie infizierte Mäuse gefressen haben,
scheiden sie mit dem Kot mikroskopisch kleine (Durchmesser 1/20 Millimeter)
Bandwurmeier aus, die wiederum für Mäuse und auch den Menschen infektiös
sind. "Die Ansteckung erfolgt meist über den Mund. Wenn ein Mensch einen
infizierten Hund, an dessem Fell Bandwurmeier kleben, streichelt und
anschliessend mit der Hand unbewusst zum Mund fährt, kann es geschehen,
dass er Bandwurmeier aufnimmt. Indirekte Ansteckungen durch Nahrungsmittel
oder Trinkwasser, die mit Bandwurmeiern bzw. Hunde- oder Katzenkot
verunreinigt wurden, sind ebenfalls möglich."

Sehr lange Inkubationszeit

Hat ein Mensch sich infiziert, entwickeln sich aus den Eiern in seinem
Körper ausgewachsene Parasitenlarven. Diese befallen in über 95 % aller
Fälle die Leber, zusätzlich können auch andere Organe betroffen weden.
Die Leber kann sich tumorartig verändern, was zu einer schwerwiegenden
Erkrankung führt. Das Heimtückische daran: Die Zeit zwischen Ansteckung
und Ausbruch der Krankheit ist sehr lang, sie wird laut Gottstein auf 5
bis 15 Jahre geschätzt. Heute ist es jedoch möglich, eine Infektion zu
erkennen, bevor die Krankheit ausbricht. Wird die Infektion früh erfasst,
ist eine effiziente und in den meisten Fällen heilende Behandlung möglich.
Ist die Krankheit aber einmal ausgebrochen, müssen die gefährlichen Biester
vollständig chirurgisch entfernt werden. Eine heilende Chemotherapie gibt
es noch nicht. (Bei Hunden und Katzen dagegen kann die Eiausscheidung durch
geeignete Medikamente verhindert werden.) Experimentell kann man Mäuse
impfen, damit sie die Krankheit nicht bekommen - vorderhand geschieht das
allerdings einzig zu Forschungszwecken im Labor.

Heilungschancen deutlich gestiegen

Früher war die Sterblichkeit bei Menschen, die vom Fuchsbandwurm befallen
waren sehr hoch. Wurden sie nicht behandelt, überlebten nur 7 % die
folgenden zehn Jahre. Dank Früherfassung und besseren Therapien ist diese
Rate bei behandelten Fällen im letzten Jahrzehnt auf 80-85 % gestiegen.
Medikamente, welche die Entwicklung des Parasiten hemmen, müssen aber oft
über Jahre oder Jahrzehnte hinweg eingenommen werden.

Schweiz: Lage nicht dramatisch

Die Zahl der Krankheitsfälle in der Schweiz zeigt, dass die Lage bei uns
nicht dramatisch ist. Alljährlich werden landesweit 8 bis 10 neue Patienten
registriert (in einigen Regionen Chinas und Alaskas hingegen sind 5-10 %
der Bevölkerung betroffen). 1987 wurden in der Schweiz 17 000 Blutspender
auf den Erreger hin untersucht. Fündig wurde man gerade in 2 Fällen. Eine
spätere Untersuchung von 2000 Blutspendern ergab keinen einzigen Befund
mehr. Gottstein weiss sogar von einer Person aus dieser Studie, bei der
die Heilung von selbst erfolgte. Selbstheilungen sind auch bekannt von
den Inuit, die in Alaska leben. Gottstein nimmt an, dass viele Leute
wahrscheinlich gar nicht gefährdet sind, sie werden trotz Kontakt mit
Fuchsbandwurmeiern nicht angesteckt. "Es könnte so sein wie bei einer
Grippe. Viele können von Grippeviren befallen werden, aber lange nicht
bei allen bricht die Krankheit aus", verdeutlicht er.

Suche nach wirksameren Mitteln

Umfragen bei Tierärzten in einem bekannten Endemiegebiet haben laut
Gottstein ergeben, dass in diesem Gebiet jeder zehnte Hund vom
Fuchsbandwurm befallen war. In solchen Hauptgebieten ist auch jede dritte
Maus und sogar jeder zweite Fuchs mit dem Fuchsbandwurm infiziert. Und
weil nach der Ausrottung der Tollwut in der Schweiz die Fuchspopulation
erheblich angewachsen ist, sind auch grundsätzlich wesentlich mehr Füchse
Bandwurmträger.

In einem Nationalfonds-Projekt wird deshalb untersucht, wie die Krankheit
wirksamer bekämpft oder möglicherweise vorgebeugt werden könnte. "Wir
kennen heute bereits einige der Tricks, die der Parasit zum Überleben
in seinem Wirt einsetzt", erläutert Gottstein. Auch der Impfstoff, der
sich bei Labormäusen gut bewährt, ist im Rahmen dieses Projekts und in
Zusammenarbeit mit dem parasitologischen Institut der Universität
Hohenheim erprobt worden. "Wir sind nun auf der Suche nach einem Mittel,
das die körpereigene Immunreaktion so unterstützt, dass die Tricks des
Parasiten ‚ausgetrickst' werden können", hält Gottstein abschliessend
fest.

Stelle für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Bern
Schlösslistrasse 5
CH-3008 Bern
Medientext 8.8.00
 



 

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