Aktuelle Meldungen     Nachrichten suchen    kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 06.11.2001

BPT-Stellungnahme zur Problematik "Gefährlicher Hund"


Anlässlich der am 7./8. November stattfindenden Innenministerkonferenz, die
sich u.a. wiederholt mit der Harmonisierung der bestehenden Gefahrenabwehr-
verordnungen der Länder befasst, hat der Bundesverband Praktischer Tierärzte
e. V. (BPT) in einem Schreiben an alle Innenminister und Senatoren der Länder
nochmals zu dieser Thematik wie folgt Stellung genommen:

Sehr geehrte Damen und Herren Minister und Senatoren der Länder,

die am 7./8. November stattfindende Innenministerkonferenz befasst sich u.a.
wiederholt mit der Thematik "Gefährlicher Hund bzw. Gefahrenabwehr". Unser
Verband hat Kenntnis erhalten, dass der Arbeitskreis 1 des BMLV ein Eckwerte-
papier als Grundlage für eine Harmonisierung der unterschiedlichen Länder-
verordnungen erarbeitet hat. Nach unserer Information enthält das Arbeits-
papier eine "engere Rasseliste", in der 4 Hunderassen als unwiderlegbar
gefährlich eingestuft und mit Maulkorb- und Leinenzwang belegt sind, sowie
eine zweite Liste mit 10-12 widerlegbar gefährlichen Rassen, für die
Leinenzwang angeordnet werden soll. Obgleich die Qualifizierung einer Reihe
von Rassen als a priori gefährlich wissenschaftlich nicht haltbar ist,
scheint es also dennoch politischer Wille zu sein, Gefahrenprävention über
Rasselisten zu betreiben.

Wir erachten es deshalb als dringend notwendig, mit diesem Schreiben nochmals
Stellung zu diesem Thema zu nehmen und Ihnen unsere Überlegungen und die
daraus resultierenden Forderungen als Diskussionsgrundlage zu übermitteln.
Eindrücklich möchten wir in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die
Zwangsmaßnahmen die laut Tierschutzgesetz zu gewährleistende artgemäße Haltung
verhindern und den Tatbestand körperlichen Leidens (fehlende Bewegungsmög-
lichkeit, Behinderung der Regulierung der Körpertemperatur durch Hecheln)
berühren. Sie sind ethologisch kontraproduktiv, weil durch permanente
Leinenführung Sozialkontakt verhindert wird. Fehlender Sozialkontakt und
Beschränkung des Bewegungsspielraumes sind aggressionsfördernde Elemente.
Ethologisch führt Bewegungsmangel zu einer sinkenden Reizschwelle. Der Hund
wird de facto aggressiver.

Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass es sich bei der Gefährlichkeit
eines Hundes um ein individuelles Merkmal handelt und es somit gefährliche
Hunde quer durch alle Rassen gibt.

Wir fordern deshalb alle Bundesländer auf, bei der Konferenz der Innenminister
und Senatoren der Länder die materielle Rechtsausgestaltung einer bundesein-
heitlichen Gefahrenverordnung so vorzunehmen, dass sie die Grundnormen des
deutschen Tierschutzgesetzes wahrt und
wissenschaftlichem Kenntnisstand entspricht.

Im Einzelnen heißt dies:

1. Festlegung eines definierten und auf wissenschaftlicher Grundlage
erarbeiteten Wesenstestes.


2. Aufhebung aller Zwangsmaßnahmen für alle Tiere mit bestandenem Wesenstest.

3. Prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung von Aggression durch folgende
Regelungen:

· Sachkunde-Nachweis und Dokumentationspflicht für jeden Züchter
· standardisierter Wesenstest für alle Zuchthunde (» aggressionsfreie Zucht)
· Sachkunde-Nachweis für Ausbilder (» aggressionsfreie Ausbildung)

4. Erstreckung des Anwendungsbereiches der Gefahrenverordnung auf individuell
gefährliche Tiere durch folgende Regelungen:

· Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für alle Hunde (» eindeutige
Identifizierbarkeit auffällig gewordener Tiere)
· Anzeigepflicht für auffällig gewordene Tiere
· standardisierter Wesenstest für auffällig gewordene Tiere, durchzuführen
von auf Verhaltenskunde spezialisierten Tierärzten
· Sachkundenachweis von Haltern auffällig gewordener Hunde über Hundeverhalten,
tierschutzrechtliche Vorschriften und Tiergesundheit
· ggf. strenge, konsequente Reglementierung von Hunden, die als gefährlich
begutachtet wurden, und deren Halter

5. Regelungen zum Vollzug

Wir bitten Sie, unsere Gedanken zu überprüfen und in Ihre Beratungen mit
einzubeziehen. Für eine konstruktive Zusammenarbeit stehen wir jederzeit zur
Verfügung.

Ansprechpartner:
Dr. Heinrich Grußendorf
BPT-Vizepräsident u. Vorsitzender d. Arbeitsgemeinschaft Kleintiere im BPT
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de