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AHO Aktuell - 27.01.2002

Das aktuelle Interview: Gelenkserkrankungen sind häufig vermeidbar

- Gute Heilungserfolge zum Nutzen der Patienten


(BfT) - Gelenkserkrankungen bei Hunden treten häufig und aus den unter-
schiedlichsten Gründen auf. Auf dem Gebiet der Diagnose und Therapie konnten
in den vergangenen Jahren jedoch große Fortschritte erzielt werden, so dass
eine dauerhafte Heilung der Tiere möglich ist. Über den veterinärmedizinisch-
praktischen und wissenschaftlichen Stand sprach der Blickpunkt mit Professor
Dr. Ingo Nolte, Direktor der Klinik für kleine Haustiere an der Tierärztlichen
Hochschule Hannover.


BLICKPUNKT: Welche Formen der Gelenkserkrankungen treten bei Hunden am
häufigsten auf und worin ist die Ursache dieser Defekte zu suchen?

Prof. Nolte: Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen haltungsbedingten
und genetisch bedingten Dispositionen. Vor allem erstere sind häufig "haus-
gemachte" Krankheiten, die sich in Beeinträchtigungen von Ellbogen-, Schulter-
und Kniegelenken äußern. Solche Schäden können durch unsachgemäße Fütterung
entstehen. Wenn jungen Hunden z.B. über das Futter zu viel Vitamine und
Mineralstoffe zugeführt werden und das Futter insgesamt zu energiehaltig ist,
wachsen die Tiere zu schnell, was die genannten Gelenke schon unter normaler
Belastung sehr anfällig macht. Meist müssen sich diese auf Leistung gebrachten
Hunde auch über Gebühr bewegen. Das führt besonders zu einer Überbeanspruchung
der Gelenke.

Die Hüftgelenksdysplasie dagegen, von der i.d.R. ältere Hunde und schwerere
Rassen wie z.B. der Berner Sennenhund, der Deutsche Schäferhund oder der
Rottweiler betroffen sind, resultiert im Wesentlichen aus auf einseitige
Merkmale ausgerichteter Züchtung. Sieht man also einmal von Verletzungen
durch z.B. Unfälle ab, ist die Chance, durch entsprechende Aufklärungsarbeit
Krankheiten bereits im Vorfeld zu verhindern, recht groß. An dieser
Aufklärungsarbeit beteilige ich mich auch persönlich in meiner Funktion als
Wissenschaftlicher Beirat im Verband Deutsches Hundewesen.

BLICKPUNKT: Bereits aufgetretene Erkrankungen müssen jedoch behandelt
werden. Welchen Methoden geben Sie hier den Vorzug?

Prof. Nolte: Da vor der Behandlung die Diagnose steht, haben wir auf
diesem Gebiet verstärkt gearbeitet und können heute eine sehr innovative und
genaue Diagnosetechnik einsetzen. Es ist möglich, über sehr feine Instrumente
in die Gelenke einzudringen und mittels feiner optischer Instrumente exakte
Untersuchungen der Gelenke und der Gelenksumgebung durchzuführen. Dieselbe
Technik kann auch bei Eingriffen eingesetzt werden. Mit der arthroskopischen
Operation oder der sogenannten "Schlüssellochchirugie" sind minimalinvasive
Eingriffe möglich, die das Tier weit weniger belasten als konservative
Operationsmethoden. Es können beispielsweise Knorpel- oder Knochenreste
entfernt werden, ohne dass das Gelenk eröffnet werden muss.

Durchgesetzt hat sich inzwischen auch eine postoperative Schmerzbehandlung.
So können wir ganz im Sinne des Tierschutzgesetzes das Leid des Tieres
mindern und gleichzeitig die Rehabilitation fördern. Zur exakten Dosierung
arbeiten wir auch an einer Optimierung von Messsystemen, die dem unter-
schiedlichen Schmerzempfinden von Hunden gerecht wird.

BLICKPUNKT: Gibt es auch auf der Seite konservativer Operations-
methoden nennenswerte Fortschritte?

Prof. Nolte: Selbstverständlich wird auch hier ständig weiter
geforscht. Ein wichtiges Thema ist beispielsweise die Verbesserung der
Implantate für Hüftgelenksoperationen.

Derzeit nutzen wir noch Knochenzement für die Befestigung der Prothese,
sind aber zuversichtlich, dass in absehbarer Zeit die zementfreie Hüfte,
wie sie bereits in der Humanmedizin eingesetzt wird, praxisreif ist. Aber
auch mit der jetzt noch üblichen Methode können wir hervorragende Heilungs-
prognosen auch für ältere Tiere stellen und den Eingriff aus medizinischer
Sicht eigentlich immer befürworten. Gegenüber Ultraschall- und Röntgen-
untersuchungen liefern auch moderne Methoden wie die Computer- oder Kern-
spintomographie exaktere Diagnoseergebnisse, die wiederum der gezielten
Therapie und damit dem Patienten zugute kommen.
 



 

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