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AHO Aktuell - 23.02.2002

Die Anästhesie bei Reptilien: Nicht ohne Risiko


München (aho) - Die Anästhesie der Reptilien stellt für den praktizierenden
Veterinärmediziner immer noch eine Herausforderung dar. Unter anderem da
Untersuchungen zu unter praxisbedingungen anwendbaren Methoden und Angaben
zu physiologischen Referenzwerten weitgehend fehlen. Eine Untersuchung an
der Tierärztlichen Fakultät der LMU - Universität München hat jetzt neue
Narkosetechniken und physiologische Parameter dokumentiert.

Bei der Ermittlung der Referenzwerte für Atem- und Herzfrequenz konnte eine
deutliche Korrelation der Parameter mit der Raum- und Körpertemperatur
festgestellt werden. Ein deutlicher Unterschied zeigte sich in der Herz-
frequenz der verschiedenen Arten und Familien. Die Referenzbereiche der
Herzfrequenz bewegen sich in Abhängigkeit von Art und Familie bei 22-28 °C
zwischen 32 und 104 Schläge pro Minute, bei 29-33 °C zwischen 44 und124
Schläge pro Minute und bei 34-40°C zwischen 56 und 176 Schläge pro Minute.

Die Arbeit dokumentiert 100 Narkosen, die an klinisch erkrankten Tieren
durchgeführt wurden. Dabei wurden 8 Schlangen und 22 Echsen einer Propofol-
monoanästhesie unterzogen. 17 Schlangen und 10 Echsen wurden einer
Inhalationsanästhesie mittels Isofluran unterzogen. Bei 2 Schlangen und
41 Echsen wurden Propofol und Isofluran kombiniert. Es konnte gezeigt werden,
dass die Einschlafphase bei allen drei Formen sehr kurz ist. Exzitationen
traten häufig bei Schlangen während der Einleitung mittels Isofluran in
Form von Muskelspasmen auf. Bei Echsen können nach der Propofolinjektion
Exzitationen auftreten. Da mittels der Propofolinjektion bei Echsen und
Schlangen in 30 % der Fälle kein Stadium chirurgischer Toleranz erreicht
werden konnte, und eine Analgesie nicht eindeutig nachgewiesen werden
konnte, kann es zur Sedation für diagnostische Zwecke, für kleine nicht
schmerzhafte Eingriffe und zur Prämedikation empfohlen werden, nicht aber
als Monoanästhesie für chirurgische Eingriffe. Wurde ein Toleranzstadium
erreicht, so dauerte dieses im Mittel 14 Minuten an. Die Aufwachphase war
kurz und exzitationslos. Besondere Vorsicht ist bei der Propofolanästhesie
bei Boiden geboten, da sie bei 2 von 4 Tieren zum Exitus letalis führten.
Ebenfalls zu warnen ist vor der Injektion von dem Lokalanästhetikum
Lidocain in die Maulschleimhaut, da es in 40 % der Fälle zum Exitus
letalis führte. Sowohl die Isoflurananästhesie als auch die Propofol-
Isoflurankombination können als sehr sichere Anästhesieformen eingestuft
werden. Das Stadium chirurgischer Toleranz wurde bei allen Tieren erreicht.
Bei 73 Narkosen zum Teil schwer erkrankter Tiere waren nur 2 Todesfälle
zu beklagen. Es konnte weder ein direkter Zusammenhang der Aufwachphase
mit der Dauer der Anästhesie festgestellt werden, noch konnte eine
allgemeingültige Zeitspanne für die Dauer der Aufwachphase ermittelt
werden. Die Begründung dafür liegt sicher in der Verschiedenheit der
Patienten und ihrer Erkrankungen. Da sich auch bei geschlossenem
Verdampfer eine nicht unerhebliche Isoflurankonzentration im Einatem-
schenkel des Stephens-Narkosegerätes befindet, sollte während der
Aufwachphase mittels Ambubeutel beatmet werden. Zudem stellt der
niedrigere Sauerstoffgehalt der Raumluft einen positiven Atemreiz dar.
Sowohl die Isofluranmonoanästhesie als auch die Propofol - Isofluran-
kombination führten zu einer Senkung der Herzfrequenz um durchschnittlich
15%. Zum Zeitpunkt des Erwachens lag die Herzfrequenz wieder nahe dem
Ausgangswert.

Beide Narkoseformen können als gleichwertig betrachtet werden. Es kann
in Abhängigkeit von der Indikation ausgewählt werden. Große, wehrhafte
Tiere, und solche die sich nicht ohne Prämedikation intubieren lassen,
v.a. Echsen sollten einer Prämedikation unterzogen werden. Bei Schlangen
v. a. Boiden kann auf eine Prämedikation verzichtet werden, wenn die
Fixation keinen zu großen Stress für das Tier herbeiführt und das
Personal nicht gefährdet wird.


Weeger, Cordula Mirjam
Narkose bei Echsen und Schlangen unter der besonderen Berücksichtigung
der Anwendung von Propofol, Isofluran und der Kombination dieser
Anästhetika - Eine klinische Studie
Dissertationen an der Tierärztlichen Fakultät der LMU - München im
Wintersemester 2001/2002
 



 

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