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AHO Aktuell - 25.02.2002

Behördliche Tierfortnahmen: Wer zeigt an? +++ Wer wird angezeigt?


Berlin (aho) - Durch den § 16a TierSchG (Tierschutzgesetz) wird die zuständige
Tierschutzbehörde verpflichtet bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, die
notwendigen Anordnungen zu treffen*. Ein Veterinärmediziner vom Fachbereich
Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin hat jetzt an Hand der Akten der
Veterinärbehörde in Berlin der Jahre 1990 bis 1998 insgesamt 64 Fortnahmen von
Tieren bei 60 Personen analysiert.

Die Ergebnisse sind:

Die Stellung des Anzeigenden zum Angezeigten:


· 78,1% der anzeigenden Personen waren keiner Behörde zuzurechnen.
· Aus dem unmittelbaren Umfeld der Angezeigten stammten 51,6% der anzeigenden
Personen.

Daten zum Spektrum der Angezeigten:

· Die Geschlechterverteilung entsprach mit 48,3% weiblichen und 51,7%
männlichen Angezeigten dem Bevölkerungsdurchschnitt im Erhebungszeitraum.
· Die Altersgruppe der 20- bis unter 45jährigen wurde mit 56,7% der Angezeigten
als Hauptgruppe ermittelt.
· Die Angaben der Angezeigten über ihre Erwerbsart aus den Erhebungsbögen waren
nicht nachprüfbar und sind nur bedingt aussagekräftig. 35,0% der Angezeigten
waren Sozialhilfeempfänger, 15% Rentner und 8% Arbeitslose. Von 18,3% der Täter
lag keine Berufsbezeichnung vor. 23,3% der angezeigten Personen nannten einen
Beruf.
· Ausländische Staatsbürger traten als Täter mit 6,7% der Angezeigten in
Erscheinung.

Die fortgenommenen Tiere:

404 Tiere aus 14 Arten wurden im Erhebungszeitraum fortgenommen. Im Einzelnen
waren es: 108 Hunde, das sind 26,7%, 100 Fische, das sind 24,8%, 82 Kaninchen,
das sind 20,3%, 58 Katzen, das sind 14,4%, 26 Tauben, das sind 6,4%, 9 Mäuse,
das sind 2,2%, 5 Finken, das sind 1,2%, 4 Gänse und 4 Sittiche, das sind
jeweils 1,0%, 2 Hühner und 2 Chinchillas sowie 2 Meerschweinchen, das sind
jeweils 0,5%, 1 Schildkröte und 1 Boa, das sind jeweils 0,3% aller
fortgenommenen Tiere.

· Nach der Beteiligung der Tierarten an den Fortnahmen belegten die Hunde mit
46 Beteiligungen den 1. Rang und die Katzen mit 19 Beteiligungen den 2. Rang.
Die Kaninchen belegten gemeinsam mit den Sittichen den 3. Rang bei jeweils 3
Beteiligungen, gefolgt von den Tauben auf dem 4. Rang mit 2 Beteiligungen.
Alle anderen Tierarten waren bei den Fortnahmen nur ein
Mal beteiligt.
· Bei der Tierart Hund waren die Mischlinge mit 58,3% am häufigsten von
Fortnahmen betroffen.

Gründe der Fortnahmen:

Es führten
· Haltungsmängel in 40,6%,
· das Zurücklassen von Tieren in Wohnungen und KFZ in 34,4%,
· Tätlichkeiten gegenüber Tieren in 14,1%,
· die Durchsetzung von Haltungsverboten in 6,3% und
· das Aussetzen von Tieren in 4,7% der Fälle zur Fortnahme.

Örtlichkeiten der Fortnahmen:

· In Privaträumen wurden 75,0% der Tiere fortgenommen.
· 25,0% der Fortnahmen erfolgten in der Öffentlichkeit, davon 10,9% aus
Kraftfahrzeugen.

Der Verbleib der fortgenommenen Tiere:

· In 78,1% der Fortnahmen wurden 336 Tiere, das entspricht 83,2% aller
fortgenommenen Tiere, dem Besitzer nicht mehr zurückgegeben und über das
Tierheim vermittelt.
· Die Besitzer von 34 Tieren, das sind 8,4% aller fortgenommenen Tiere,
erhielten diese in 15,6% der Fortnahmen zurück.
· In 6,3% der Fortnahmen mussten 34 Tiere, das entspricht 8,4% aller
fortgenommenen Tiere, euthanasiert werden.

Behördliche Aufwendungen:

· Die Gesamtkosten für eine Tierwegnahme lagen im Mittel bei 1133,25 DM.
Die tatsächlichen Kosten sind nicht eindeutig quantifizierbar. Der
Zeitbedarf der amtlichen Personen lag bei den vorliegenden Berechnungen
bei 8,4 Stunden. Der tatsächliche Zeitbedarf kann aber wesentlich höher
liegen.

Verwaltungs- und gerichtsbezogene Daten:

· Aufgrund der Schwere der Verfehlungen mussten 38,3% der Täter mit
Tierhaltungsverboten belegt werden.
· Bußgelder in Höhe von 100 bis 5000 DM wurden gegen 63,3% der Täter
verhängt. Bei 73,7% der Bußgelder lag der Strafrahmen über 1000 DM.
· Gegen 20 Täter wurden ein Tierhaltungsverbot und ein Bußgeld verhängt.
· Im Durchschnitt waren die Akten der bereits abgeschlossenen Verfahren
368 Tage geöffnet.

--
* Dazu ist es aber unabdingbar, dass die angezeigte Tierhaltung durch den
beamteten Tierarzt begutachtet wird. Die Untätigkeit der Tierschutzbehörde
kann zu einer strafrechtlichen Verfolgung des entsprechenden Mitarbeiters
gemäß §§ 13 und 323 StGB führen.


Hans-Georg Basikow
Die Analyse der Fortnahmen von Heimtieren im Amtsbereich einer Berliner
Veterinärbehörde auf der Grundlage des § 16a des Tierschutzgesetzes im
Zeitraum von 1990 - 1998.
Dissertation am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin
Datum der Promotion: 23.11.2001
 



 

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