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AHO Aktuell - 15.10.2002

Leishmaniose bei einem Pferd in Süddeutschland


Gießen (aho) – In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Veterinary
Parasitology“ berichtet ein Autorenteam über den ersten Fall „cutaner
Leishmaniose“ bei einem Pferd in Süddeutschland. Der Krankheitsfall ist
bemerkenswert, da weder das betroffene Pferd noch seine Mutterstute jemals
in Leben den süddeutschen Raum verlassen haben. „Leishmania infantum“ wurde
bisher in Mitteleuropa nicht bei Pferden nachgewiesen. Der Erreger Kommt im
Mittelmeerraum vor und wird dort über die Weibchen der Sand- oder
Schmetterlingsmücken auf Tiere und Menschen übertragen. Beim Menschen ist
die Erkrankung auch als sogenannte „Orientbeule“ bekannt.

Der dreieinhalbjährige Hengst aus einen Dorf südlich von Augsburg wurde im
Dezember 2000 zur Kastration in eine Tierklinik in Bobingen eingestellt.
Gelegentlich der Operation wurde dem Patienten ein Hautknötchen in der Nähe
des rechten unteren Augenliedes entfernt. Das Objekt wurde nicht weiter
untersucht. Innerhalb von zwei Monaten kehrte der Knoten zurück und nahm
rasch an Größe zu. Die darüberliegende Haut hatte sich geschwürig verändert.
Gleichzeitig entwickelten sich mehrere Knötchen in Augenhöhe auf der rechten
Kopfseite. Verschiedene nunmehr durchgeführten labordiagnostischen
Untersuchung wiesen schließlich den einzelligen Parasiten „Leishmania
infantum“ nach. Antikörper gegen L. infantum waren nicht feststellbar. Auch
zeigte das Pferd niemals Symptome, die auf eine Leishmaniose hätten
hinweisen können. Die Knötchen und Hautgeschwüre heilten dann ohne
spezifische Therapie innerhalb weniger Monate ab.

Die Autoren äußern ihre Befürchtung, daß der Parasit „Leishmania infantum“
nach Süddeutschland eingeschleppt wurde und jetzt dort dauerhaft vorkommt.
In Deutschland wurde die Leishmaniose auch bei einem 15 Monate alten
Kleinkind und zwei Hunden nachgewiesen, obwohl die Patienten niemals im
Mittelmeerraum waren. Hingegen wird bei Hunden, die mit ihren Besitzen einen
Urlaub am Mittelmeer verbracht hatten, häufiger Leishmaniose diagnostiziert.
Zudem werden in zunehmendem Maße streunende Hunde durch Tierschützer aus dem
Mittelmeerraum nach Deutschland importiert. Die Autoren verweisen auf die
Tatsache, daß bei Untersuchungen von Hunden aus Südeuropa und Nordafrika
wenigstens der Hälfte der Tiere mit Leishmania infiziert waren. Infizierte
Importhunde könnten so Leishmanien auf die in Deutschland vorkommenden
Sandmücken übertragen habe.

Da Leishmania infantum nicht nur ein Krankheitsrisiko für Tiere sind,
sondern auch beim Menschen schwerwiegende Erkrankungen hervorrufen können,
fordern die Autoren, dieser bedenklichen Entwicklung verstärkte
Aufmerksamkeit zu widmen.

Anläßlich des "29. Seminars Umwelthygiene" in Hannover am 23. Februar 2001
wies Prof. Dr. Arwid Daugschies vom Institut für Parasitologie der
Tierärztlichen Hochschule Hannover auf die Gefahr hin, daß durch die
zunehmend mobile Gesellschaft Parasiten über Haustiere in Regionen
verschleppt werden, in denen sie ursprünglich nicht oder nur selten
vorkommen. Die Mitnahme von Hunden auf Urlaubsreisen in subtropische oder
tropische Länder setzt die voll empfänglichen Tiere einer Infektion z. B.
mit Babesien und Dirofilarien aus, so dass nach Rückkehr eine klinische
Erkrankung auftreten kann. Aus Tierliebe aus Endemiegebieten
mitgebrachte Tiere können mit Parasiten befallen sein, die (bisher)
hierzulande nicht vorkommen (z.B. Leishmania infantum / Leishmaniose) oder
selten (z.B. Echinococcus granulosus) sind. Eingeschleppte Parasiten wie
Babesia canis und Rhipicephalus sanguineus haben sich mittlerweile in
Deutschland angesiedelt.


Quelle:
Kernt Köhler, Maximilian Stechele, Udo Hetzel, Mariano Doming, Gabriele
Schönian, Horst Zahner, Eberhard Burkhardt:
Cutaneous leishmaniosis in a horse in southern Germany caused by Leishmania
infantum
Veterinary Parasitology 109 (2002) 9–17


 



 

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