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AHO Aktuell - 31.10.2002

Honorar nicht bezahlt? +++ Tierarzt darf Tier zurückhalten!


Mainz (aho) - Einem Tierarzt kann nach einer Entscheidung des Landgericht
Mainz bis zur Zahlung seines Honorars den behandelten Hund zurückhalten. Mit
dieser Begründung hob das Landgericht nun eine einstweilige Verfügung auf,
die einem Tierarzt aufgab, einen Hund nach durchgeführter erfolgreicher
Operation an seinen Besitzer herauszugeben, obwohl dieser die
Tierarztrechnung noch nicht vollständig beglichen hatte.

Der Besitzer des Hundes, ein Hobbyhundezüchter, hatte das Tier, das unter
einer Milzruptur litt, in die Tierklinik gebracht. Dort wurde darauf
hingewiesen, dass das Tier sofort operiert werden müsse, wenn man es noch
retten wolle. Der Hundebesitzer willigte in die Operation ein und
unterzeichnete einen Anästhesie-/Operationsbogen, der unter anderem eine
Klausel enthielt, dass das fällige tierärztliche Honorar beim Abholen des
Tieres entrichtet werde. Der Hundebesitzer, der eine Vorschusszahlung
entrichtet hatte, wollte nach erfolgter Operation seinen Hund abholen. Er
wurde seitens des Tierarztes aufgefordert, zunächst die Operationskosten
vollständig entweder bar oder mittels EC-Karte mit Geheimzahl zu bezahlen.
Da der Hundebesitzer hierzu nicht imstande war, wurde der Hund unter
Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht herausgegeben.

Auf den Antrag des Hundebesitzers erließ das Amtsgericht eine einstweilige
Verfügung , mit der dem Tierarzt aufgegeben wurde, den Hund herauszugeben.
Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung änderte das Landgericht die
amtsgerichtliche Entscheidung ab, hob die einstweilige Verfügung auf und
wies den Antrag auf Herausgabe des Hundes zurück.

Zur Begründung hat das Landgericht in seiner Entscheidung unter anderem
ausgeführt, dass der Hundebesitzer keinen durchsetzbaren Herausgabeanspruch
habe, da ein Zurückbehaltungsrecht des Tierarztes entgegen stünde.

Der fällige Honoraranspruch des Tierarztes aufgrund des zwischen den
Parteien geschlossenen Tierarztbehandlungsvertrags resultiere aus demselben
rechtlichen Verhältnis wie der Herausgabeanspruch des Hundebesitzers. Beide
seien in der Überlassung des Hundes zur tierärztlichen Behandlung begründet.
Der Kläger habe sich ausweislich des von ihm unterzeichneten Anästhesie- und
Operationsbogens wirksam dazu verpflichtet, bei Abholung des Hundes das
tierärztliche Honorar zu entrichten.

Auch sei der Hund tauglicher Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts. Die
Zurückbehaltung eines Tieres stehe nämlich weder generell im Widerspruch zu
§ 1 Tierschutzgesetz, wonach der Mensch aus Verantwortung für das Tier als
Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen habe, noch zu § 90 a
BGB. Diese Vorschrift besage, dass Tiere keine Sachen seien, sondern die für
Sachen geltenden Vorschriften nur entsprechend anwendbar seien. Durch § 90 a
S. 3 BGB solle gewährleistet werden, dass Tiere, trotz ihrer rechtlichen
Aufwertung zum Mitgeschöpf, weiterhin als Gegenstand verpflichtender
Geschäfte und sachenrechtlicher Vorgänge dem Rechtsverkehr zugänglich
blieben.

Die für Sachen geltenden Vorschriften sollten nach dem Willen des
Gesetzgebers nur dann nicht anwendbar sein, wenn dies dem Tierschutz
widerspreche. Ein Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts an einem Tier
könne sich somit nur für den jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung
des Grundsatzes von Treu und Glauben und der Eigenart des
Schuldverhältnisses ergeben. Bei der Beurteilung des Einzelfalls seien dann
die Aspekte des Tierschutzes maßgeblich zu berücksichtigen So müsse ein
Zurückbehaltungsrecht verneint werden, wenn bei dem Tier durch den Verbleib
beim Gläubiger Vereinsamungsgefühle, seelische Schmerzen oder gar organische
Krankheiten entstünden. Gleiches gelte, wenn das Tier von einer Person
getrennt werde, auf die es besonders fixiert sei.

Dies könne im vorliegenden Fall nicht an genommen werden. Insbesondere sei
bei dem Hundebesitzer, der Hobbyhundezüchter sei, davon auszugehen, dass er
in dieser Eigenschaft darauf achte, eine gewisse Distanz zu dem Tier zu
wahren.

Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Hund bei Ausübung des
Zurückbehaltungsrechts im vorliegenden Fall fachgerecht versorgt und
artgerecht gehalten worden wäre.

Az. 6 S 4 / 02 - Landgericht Mainz

 



 

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