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AHO Aktuell - 29.01.2004

Braunschweig will Bestand wilder Stadttauben verringern


Braunschweig (aho) - Die Stadt Braunschweig will entschlossen gegen die
Taubenplage vorgehen. Das kündigte Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann am
Donnerstag, 29. Januar, an. Die Stadt werde das seit 1993 nach dem Stadtrecht
("Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in der Stadt
Braunschweig") bestehende Fütterungsverbot von öffentlichen Flächen noch schärfer
als bisher kontrollieren, bei Verstößen dagegen konsequent Bußgelder verhängen und
ausgebrachtes Futter schnellstmöglich beseitigen.

Er werde auch ungewöhnliche Schritte zur Verringerung des Taubenbestandes nicht
scheuen, wenn sie wirksam seien, so Hoffmann weiter. So solle auch Frankfurter
Erfahrungen geprüft werden, ob Greifvögel, natürliche Feinde der Tauben, ein
praktikables Gegenmittel sind.

"Die wildlebenden Stadttauben, die fast alle in der Innenstadt leben, sind die
Ursache vieler Bürgerbeschwerden, die bei Bürgersprechstunden und über das Ideen-
und Beschwerdemanagement an mich herangetragen werden", berichtete Hoffmann. Als
nicht mehr verkehrssicher und zudem als Ekel erregend und gesundheitsgefährdend
wird der Zustand unter den Bahnbrücken in der Salzdahlumer Straße empfunden. Auf
Geh- und Radwegen besteht Rutschgefahr. Obwohl die SRB wöchentlich fünfmal
maschinell reinigt, gehen beim Beschwerdemanagement der Stadt ständig Beschwerden
ein.

Eine Taube produziert jährlich ca. zwischen 10 und 12 kg harnsäurehaltigen
Nasskot, der mit ätzender Wirkung zur beschleunigten Zerstörung von Bausubstanzen
beiträgt und so große Schäden verursacht. Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen
(Netze, Spikes und Drähte) allein am Rathaus-Altbau, dem Altstadtrathaus und dem
Gewandhaus schlugen 2003 mit über 15.000 Euro zu Buche. Der Heinrichsbrunnen wird
jedes Jahr für 2000 Euro gereinigt. Abwehrsysteme am Vordach der Stadthalle
kosteten über 11.000 Euro. Alle zwei Monate wird Taubenkot auf dem Dach der
Volkswagenhalle teurer Handarbeit entfernt. Private Hauseigentümer,
Wohnbaugesellschaften und die Kirchen zahlen ebenfalls für Reinigung und
Vergrämungsmaßnahmen, ohne dass dies beziffert werden kann.

Weit komplizierter und teurer sind Abwehrmaßnahmen an den Brücken Salzdahlumer
Straße, für die aber die Deutschen Bahn AG die Baulast trägt. Deshalb können
technische Abwehrsysteme, bevorzugt metallene Stachelgitter auf den Stahlträgern
oder Unterspannungen der Trägerlagen mittels Netzen, die einen optimalen Effekt
erzielen würden, nur im Einvernehmen mit der Deutschen Bahn AG angewendet werden.
Die Deutsche Bahn AG müsste auch aus Sicherheits- und Gewährleistungsgründen die
Arbeiten an ihren Bauwerken selbst beauftragen.

Für die drei Brücken liegen die Kosten für eine Komplett-Unterspannung bei 62.000
Euro. Die Kosten für eine Teilunterspannung lediglich der Geh- und Radwege sind
wegen des arbeitsintensiven vertikalen Verschlusses der Stirnflächen zwischen den
Trägerkonstruktionen fast doppelt so hoch. Das Anbringen von Stachelgittern
(sechsreihige Spikes) im Bereich der Geh- und Radwege beläuft sich auf 63.000
Euro. Die Deutsche Bahn AG hat eine Beteiligung an den Kosten ohnehin abgelehnt.

"Da es kein zugelassenes Taubenregulans gibt, ist die Einschränkung des
Futterangebots ein wirksamer Ansatz zur Regulierung des Bestandes wildlebender
Stadttauben. Nur so kann die Plage eingedämmt werden", strich Hoffmann heraus. Die
Verwaltung wird die bekannten Futterstellen schärfer als bisher kontrollieren und
bei Verstößen gegen das Fütterungsverbot hohe Bußgelder festsetzen. Gestreutes
Futter wird täglich mit einem Sauggerät entfernt.

Falsch verstandene Tierliebe kann teuer werden: Der Fachbereich Bürgerservice,
Öffentliche Sicherheit hat Verstöße gegen das Fütterungsverbot schon Bußgelder in
Höhe von 150 bis 1.000 Euro und in einem Fall wegen Verstoßes gegen verfügte
Fütterungsverbote Zwangsgelder von 1.000 und 1.500 Euro festgesetzt.

Die Maßnahmen gegen die Taubenplage werden begleitet von Aufklärungs- und
Öffentlichkeitsarbeit. Mühlen, Bäckereien und Gastronomiebetriebe werden
angeschrieben und gebeten, im Umgang mit Lebensmitteln auch ein unbeabsichtigtes
Füttern auszuschließen. Hauseigentümer sollen bei der Stadt künftig Tipps über
Vergrämungsmethoden erhalten.

"Wer Tauben füttert, tut ihnen keinen Gefallen", sagte Hoffmann. Er leiste einer
nicht artgerechten Lebensweise der Tiere Vorschub, erhöhe ihre Abhängigkeit von
Menschen und sorge dafür, dass sich schwache und kranke Tiere in dem Taubenbestand
überproportional entwickeln. Die Stadt werde deshalb auch untersuchen lassen, in
welchem Ausmaß Tauben von Krankheitserregern und Parasiten durchseucht sind, fuhr
der OB fort. Bekannt ist, dass Tauben vor allem Erreger von Ornithose,
Vogeltuberkulose und Durchfallerkrankungen tragen.

Es bleibe zu hoffen, dass ein Taubenregulans, das die Tierärztliche Hochschule
Hannover bereits 1995 entwickelt hat, endlich freigegeben werde, fuhr Hoffmann
fort. Viele andere Maßnahmen hätten sich als undurchführbar oder wirkungslos
erwiesen. So sei etwa eine Bejagung in einer Stadt nicht möglich, eine Vergiftung
verstoße gegen den Tierschutz. Taubenhäuser und -schläge, aus denen Eier aus den
Nestern genommen werden können, werden von den Tauben nicht akzeptiert.

Die wildlebenden Stadttauben gehören zu den wenigen Vogelarten, die vorwiegend in
Innenstadtbereichen leben. Sie bevorzugen als ursprüngliche Felsenbrüter
Häuserfassaden, Dachnischen, Fenstersimse, Dachböden oder auch Baukonstruktionen
an historischen Gebäuden.

Der Taubenbestand in Braunschweig wurde zuletzt 1993 vom Zoologischen Institut der
Technischen Universität ermittelt. Damals wurden rund 8.000 Tieren festgestellt
(ca. 7.000 innerhalb des Okerumflutgrabens und ca. 1.000 zwischen der Okerumflut
und dem "Wilhelminischen Ring"). Die Verwaltung geht davon aus, dass insbesondere
bauliche Vergrämungsmaßnahmen zu einer Reduzierung im Taubenbestand auf derzeit
ca. 5.400 Tiere geführt haben, wovon sich der überwiegende Teil im Stadtgebiet
innerhalb des Okerumflutgrabens aufhält.

Population und Vermehrung der Stadttauben, deren Brutgeschäft mit Ausnahme
strenger Frostperioden ganzjährig verläuft, ist im Wesentlichen abhängig von dem
auffindbaren Futter und von Nistmöglichkeiten.




 



 

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