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AHO Aktuell - 20.03.2004

Landgericht Trier: Dichtes Aufreiten begründet kein Mitverschulden


Trier (aho) - Dichtes Aufreiten zu anderen Pferden beim gemeinsamen Ausritt
bedeutet kein Mitverschulden des durch ein austretendes Pferd verletzten Reiters.
Zu diesem Ergebnis führte ein Zivilprozess in 1. Instanz vor dem Landgericht
Trier.

Folgender Sachverhalt lag zugrunde: Die Parteien befanden sich am 29.06.2003
gemeinsam mit 6 weiteren Reitern auf einem Ausritt. Der Kläger war der letzte
Reiter der Gruppe, als das Pferd Laila der Beklagten ausschlug und ihn am rechten
Unterschenkel verletzte.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte
verpflichtet ist, ihm den gesamten Schaden aus dem Reitunfall zu ersetzen. Die
Haftpflichtversicherung der Beklagten hat eine Schadensquote von 15 % anerkannt.

Die Beklagte hat eingewandt, der Kläger habe den Unfall durch seine Unachtsamkeit,
insbesondere durch ein zu nahes Aufreiten auf ihr Pferd ganz überwiegend selbst
verschuldet. Auch wenn es keine festgelegten Verhaltensregeln über Mindestabstände
beim Gruppenreiten gebe, so verlange doch die gebotene Vorsicht, dass man einen
Sicherheitsabstand einhalte, wenn man sich hinter einem Pferd befindet oder sich
einem Pferd von hinten nähere. Dem Kläger sei zudem bekannt gewesen, dass ihr
Pferd dazu neige, sich zu erschrecken und nach hinten auszukeilen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen der Klage aus den nachfolgenden
Gründen in vollem Umfang stattgegeben.

Die Beweisaufnahme habe den übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien bestätigt,
dass der Kläger bei dem Ausritt am 29.06.2003 dadurch verletzt wurde, dass das vor
ihm von der Beklagten gerittene Pferd Laila nach hinten ausschlug. Nach den
Aussagen sämtlicher Zeugen seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass das
Pferd Laila im Vorwärtsreiten plötzlich stoppte und dann nach hinten ausschlug.
Die Zeugen hätten vielmehr bestätigt, vor dem Unfall nichts Auffälliges bemerkt zu
haben; keiner der Zeugen habe angegeben, das Pferd Laila habe gescheut oder sei
unruhig gewesen, bevor es nach hinten ausschlug und den Kläger mit den Hufen am
rechten Bein traf.

Danach sei davon auszugehen, dass der Kläger von dem Pferd Laila getroffen wurde,
weil er direkt hinter diesem Pferd oder doch leicht versetzt dahinter so dicht
aufgeritten war, dass er bei einem Auskeilen sich in Reichweite der Hinterhand
(Hufe) des Pferdes befand. In diesem Verhalten des Klägers sei kein Mitverschulden
zu erkennen. Wenn in der Entscheidung des OLG Celle (VersR 1997, 633) ausgeführt
wird, es sei an der allgemein bekannten Vorsichtsregel festzuhalten, dass man nie
und unter keinen Umständen in Trittweite hinter einem Pferd vorbeigehen solle,
weil immer die Gefahr bestehe, dass ein Pferd durch ein äußeres Ereignis
erschrecke und dann ausschlage, so könne dahingestellt bleiben, ob es notwendig
und praktisch überhaupt durchführbar ist, dass bei der Pferdehaltung und bei der
Ausübung des Reitsports generell diese strengen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen
sind. Denn die Anforderungen an die gebotene Vorsicht beim Umgang mit Pferden
würden jedenfalls dann überspannt, wenn - wie hier - eine Gruppe von Reitern einen
Ausritt vornimmt und dabei von den Reitern verlangt wird, dass sie stets einen
Abstand von etwa einer Pferdelänge von den anderen Pferden einhalten. Auch ein
geübter Reiter sei beim Reiten in freiem Gelände nicht ohne weiteres in der Lage,
Gangart und Tempo seines Pferdes so zu beherrschen, dass sich sein Pferd "unter
allen Umständen" außerhalb der Trittweite der anderen Pferde befindet. Die in der
Entscheidung des OLG Celle anklingende Parallele zu dem im Straßenverkehr
einzuhaltenden Sicherheitsabstand sei mit den Besonderheiten des Reitsportes nicht
vereinbar. Ein dichtes Aufreiten hinter oder neben anderen Pferden gehöre vielmehr
jedenfalls bei einem gemeinsamen Ausritt ebenso wie das Scheuen oder der
Ungehorsam eines Pferdes zu der spezifischen Tiergefahr, für die der Halter
uneingeschränkt hafte.

Ein dem Kläger anzulastendes Mitverschulden käme danach nur in Betracht, wenn ihm
bei dem Ausritt bekannt gewesen wäre, dass das Pferd Laila dazu neigt, bei dichtem
Aufreiten nach hinten auszukeilen und deshalb besondere Vorsicht geboten ist. Dies
habe sich durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt.

Aktenzeichen: 3 O 156/03 Landgericht Trier, Urteil vom 12.02.2004 - rechtskräftig.


 



 

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