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AHO Aktuell - 06.03.2005

Gerichtsentscheidung: >>Tierbefreiung<< ist strafbar


Karlsruhe (aho) - Dies hat jetzt der 2. Strafsenat des
Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden und damit ein Urteil des
Landgerichts Heidelberg vom Mai 2004 bestätigt. Dieses hatte eine
24-jährige ehemalige und derzeit arbeitslose Studentin und einen
41-jährigen ehemaligen und derzeit arbeitslosen Informatiker im
Berufungsverfahren wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in zehn Fällen
zu Geldstrafen von jeweils 30 Tagessätzen bezgl. der Studentin zu je 7
Euro (Gesamtgeldstrafe 210 Euro) und bezüglich des Informatikers zu je
10 Euro (Gesamtgeldstrafe 300 Euro) verurteilt.

Beide Angeklagte gehören einer Vereinigung an, welche sich für die
Rechte von Tieren einsetzt. Die Angeklagten verstehen sich allerdings
nicht ausdrücklich als Tierschützer, sondern vertreten die Auffassung,
Tiere seien Individuen und keine Sachen und dürften deshalb nicht im
Eigentum von Menschen stehen und nicht von diesen gehalten werden. Auf
ihre Auffassung wollen sie u.a. durch "Tierbefreiungen" aufmerksam
machen, wobei es ihnen allerdings nicht darauf ankommt, ob die Tiere
unter "misslichen Verhältnissen leben müssen" oder "artgerecht
gehalten" werden.

Zur Verwirklichung ihrer Ziele entwendeten die Angeklagten in zehn
Fällen von Dezember 2000 bis Oktober 2002 aus einer in einem
Geflügelmastbetrieb im Rhein-Neckar-Kreis vorgefundenen Tierschar
wahllos insgesamt 23 Gänse, 13 Enten und 23 Puten - teilweise auch
Küken - im Gesamtwert von etwa 900 Euro und verbrachten diese zu nicht
bekannten Personen in Deutschland oder im benachbarten Ausland, damit
diese sich um sie kümmern, sie insbesondere nicht ausnutzen oder gar
später einmal schlachten. Die Taten wurden aufgedeckt, weil die
Angeklagten ihre "Aktionen" fotografiert und hierüber im Internet
berichtet hatten.

Die Strafkammer hat im Verhalten der geständigen Angeklagten jeweils
Vergehen des Diebstahls erblickt, weil es sich bei Tieren in
rechtlicher Hinsicht um "Sachen" im Sinne des Strafgesetzbuches (§ 242
StGB) handele, die Angeklagten solche weggenommen hätten und dem
Vermögen der unbekannten Abnehmer hätten einverleiben wollen. Bei der
Strafzumessung hat die Strafkammer zugunsten der Angeklagten gewertet,
dass diese geständig und bislang nicht vorbestraft seien und ihre
Handlungsweise - soweit es um den Tierschutz gehe - von einem
billigenswerten Motiv getragen gewesen sei. Mit ihren Revisionen haben
sich die Angeklagten gegen die rechtliche Bewertung der Taten
gewendet. Sie sind der Ansicht, ein "Diebstahl" liege nicht vor, weil
die Tiere durch die "Befreiungsaktionen nur in Obhut" genommen und
nicht einem Dritten hätten zugeeignet werden sollen.

Wie die Vorinstanz hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts
Karlsruhe diese Rechtsansicht nicht geteilt und die Revisionen der
Angeklagten als offensichtlich unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2
StPO). Deren Verurteilung wegen Diebstahls durch das Landgericht
Heidelberg ist damit rechtskräftig.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 18.02.2005, 2 Ss 177/04

Hinweis auf die Rechtslage:

StGB § 242 (Fassung: 13. November 1998, gültig ab 1. Januar 1999)
Diebstahl
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der
Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig
zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.

Hinweis: Bei der Verhängung von Geldstrafen bemisst sich die Anzahl
der Tagessätze nach der individuellen Schuld eines Angeklagten, die
Höhe des einzelnen Tagessatzes nach dessen jeweiligen Nettoeinkommen
(§ 40 Abs.1 StGB).




 



 

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