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AHO Aktuell - 20.04.2005

Schwer kranke Pferde von >>Gnadenbrothof<< in Tierklinik gebracht


Darmstadt/Mühltal (aho) - Bei einem Überraschungseinsatz hat das
Veterinäramt des Landkreises Darmstadt - Dieburg am Dienstag 21 schwer
kranke, teilweise akut behandlungsbedürftige Stuten und Fohlen aus der
unzulänglichen "Obhut" eines so genannten Gnadenbrothofs befreit und
einer tierärztlichen Fachklinik überstellt. Mit starker Unterstützung
der Polizei lief die etwa vier Stunden dauernde Aktion, bei der auch
die Hessische Tierschutzbeauftragte Dr. Madeleine Martin anwesend war,
diesmal störungsfrei.

Mitte Februar war der Versuch, den gesamten Tierbestand von rund
achtzig Pferden wegen unhaltbarer Zustände zu beschlagnahmen und
abzutransportieren, am massiven Widerstand der dafür verantwortlichen
Frauen gescheitert. Wie berichtet, waren die 56 Jahre alte Mutter und
ihre 28-jährige Tochter mit Jeeps auf Mitarbeiter des Veterinäramts
und der Polizei zugerast. Jetzt wird gegen sie wegen versuchten
Totschlags ermittelt; ihre Führerscheine wurden eingezogen. Um eine
erneute Eskalation zu verhindern, stoppten Polizeibeamte Dienstag früh
die 28-Jährige, als sie sich, offenbar in Protestabsicht, zu den
Weiden fahren lassen wollte. Sie blieb bis zum Ende des Einsatzes
gegen 11 Uhr in Uhr in Gewahrsam.

Bereits seit fast fünf Jahren beschäftigt der Gnadenbrothof, auf dem
Ziegen, Schweine, Geflügel und Pferde in großer Anzahl unter in
vielfacher Hinsicht alles andere als artgerechten Bedingungen gehalten
wurden und teilweise noch werden, das Veterinäramt. Im Sommer 2002
beschlagnahmte die Behörde auf Beschluss des Amtsgerichts Darmstadts
133 Ziegen. Die Tiere befanden sich in erbarmenswürdigem Zustand,
konnten sich wegen entzündeter, deformierter Gelenke kaum fortbewegen,
waren von Parasiten befallen. Fünfzehn Tiere mussten damals
eingeschläfert werden. Das Landgericht Darmstadt verhängte gegen beide
Frauen im Mai 2003 ein vorläufiges Tierhalteverbot. Der Betrieb wurde
daraufhin, pro forma, wie man beim Veterinäramt annimmt, auf eine
33-jährige Tochter überschrieben. Das brachte jedoch keine Wende zum
Besseren. Vorgaben des Amts wurden weiterhin nicht befolgt, sondern
mit ständig wechselnden Anwälten bekämpft.

Die Pferdehaltung geriet vor rund einem Jahr verstärkt ins Visier der
Amtstierärzte. Zu viele Tiere auf viel zu kleinen Flächen,
verschlammte, völlig kahle Weiden ohne ausreichende Unterstände,
verkotetes Futter, die gemeinsame Haltung von Hengsten und Stuten und
eine unkontrollierte Vermehrung trotz deutlicher Gesundheitsschäden
und schlechtem Allgemeinzustand der weiblichen Tiere lieferten
hinreichend Gründe zum Einschreiten. Aufgrund der gravierenden
Tierschutzverstöße erließ das Amtsgericht Darmstadt schließlich im
Februar dieses Jahres einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss.
Wenngleich das Veterinäramt damals wegen der Zwischenfälle
unverrichteter Dinge abziehen musste, gelten die rund 80 Pferde
seitdem als beschlagnahmt, das heißt, sie dürfen ohne Zustimmung der
Behörde nicht verkauft oder an andere Standorte verlegt werden. Den
Gnadenbrothof-Verantwortlichen, scheinbar zum Einlenken bereit, räumte
man nochmals bis 8. April eine Frist ein, um die Missstände zu
beheben. Die Frist verstrich jedoch ungenutzt.

Der Einsatz am Dienstag konzentrierte sich auf jene Stuten und Fohlen,
die laut Untersuchungen der Uni Gießen am schlimmsten leiden. Sie
weisen unter anderem "deutliche Gesundheitsschädigungen im Bereich des
Atmungs- und des Bewegungsapparats" auf , befinden sich in "schlechtem
Ernährungszustand" und zeigen Veränderungen im Blutbild. Zu erkennen
sind unter anderem mit folgende Symptome: Beim Atmen rasselt die
Lunge, die Augen tränen, aus der Nase läuft eitriger Ausfluss,
Schwellung bis zur Größe eines Kindskopfes, viele lahmen, jeder
Schritt bereitet offensichtlich schreckliche Schmerzen, vor allem die
Hufe sind krankhaft verändert (Strahlfäule, Hufringe, "Rehehufe",
Deformationen) infolge von unmäßigen Kraftfuttergaben und
Entzündungen. Als "Akutpatienten" werden die Stuten und Fohlen, die
die Einsatzkräfte aus einem Stall und von zwei Weiden auf der
Neutscher Höhe holten, behandelt.

Den Gnadenbrothof-Betreiberinnen räumt das Veterinäramt nun noch eine
"allerletzte Chance" ein, in dem reduzierten Tierbestand für geordnete
Verhältnisse zu sorgen. Seit einigen Wochen bestehe enger Kontakt zu
ihren Anwälten. Es seien Verbesserungen versprochen worden und ein
Einlenken erkennbar, so die stellvertretende Amtsleiterin Dr. Christa
Wilczek. Der Beschlagnahmebeschluss für die verbliebenen Pferde gilt
weiterhin.


 



 

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