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AHO Aktuell - 21.07.2005

Massentierhaltung auf Gnadenbrothof: Veterinäramt findet 420 Hängebauchschweine


Darmstadt/Mühltal (aho) - Mehr als 30.000 Euro Bußgeld haben zwei
selbsternannte Tierfreundinnen aus dem vorderen Odenwald bereits
"aufgebrummt" bekommen und daraus offenbar nichts gelernt. Zum dritten
Mal innerhalb von drei Jahren werden die allem Anschein nach
Unverbesserlichen jetzt erneut belangt, weil ihre Hängebauchschweine
keine Ohrmarken tragen. Das ist ein Verstoß gegen das
Tierseuchengesetz und die Viehverkehrverordnung. Die
Kennzeichnungspflicht gilt in allen Ländern der Europäischen Union und
ermöglicht es beispielsweise beim Ausbruch einer Seuche, anhand des
Buchstaben- und Zahlencodes auf dem Clip die Herkunft jedes Tiers
schnell zu ermitteln. Dass es keineswegs eine Lappalie ist, sich über
die Ohrmarkenpflicht hinwegzusetzen, versuchten auch schon Richter
beim Amtsgericht Darmstadt und beim Oberlandesgericht Frankfurt als
Beschwerdeinstanz den Damen klar zu machen. Dort wurden die Geldbußen
im Einspruchsverfahren auf 22.500 Euro erhöht; das Veterinäramt hatte
ursprünglich "nur" 15.000 Euro festgesetzt. Aber auch dieser
Warnschuss blieb wirkungslos.

Das jüngste Kapitel des Fortsetzungsromans spielt in Weiterstadt. Dort
fand das Veterinäramt des Kreises nach einem entsprechenden Hinweis in
einem Stall rund 420 Hängebauchschweine vor, darunter etliche junge
Ferkel. Um den ungezügelten Fortpflanzungsdrang zu bremsen, wurde
umgehend die Trennung der Geschlechter veranlasst. Wegen einer
Milbenerkrankung (Räude), die bei vielen Tieren gravierende
Hautveränderungen hervorgerufen hat, muss die Herde tierärztlich
behandelt werden. Und schließlich: Weil die Schweine bis auf wenige
Ausnahmen keine Ohrmarken tragen, ist das nächste Bußgeldverfahren
fällig. Es wird sicher nicht billiger als die vorangegangenen, kündigt
das Veterinäramt an.

Die erste Episode begann im Jahr 2002. Damals hielten die Frauen in
Mühltal rund 150 Hängebauchschweine. Wegen fehlender Clips folgten
Ordnungswidrigkeitsanzeigen und Bußgeld. Das schien Eindruck zu
machen: Eine der Verantwortlichen ließ sich Ohrmarken vom Veterinäramt
besorgen und holte sie sogar persönlich bei der Dienststelle ab. Nur
benutzt hat sie sie offenbar nicht, wie sich später herausstellte.
Jedenfalls waren die Tiere irgendwann spurlos verschwunden. Wie man
inzwischen weiß, ließen die Frauen sie nach Katzenelnbogen im
Rhein-Lahn-Kreis (Rheinland-Pfalz) schaffen. Da waren es dann bald 300
Ringelschwänze. Auch dort gab es wegen der nicht vorhandenen Ohrmarken
Ärger mit dem Veterinäramt in Bad Ems und ein Bußgeld in Höhe von
8.000 Euro. Als Reaktion darauf folgte nun der Ortswechsel zurück in
den Landkreis Darmstadt-Dieburg, wo sich in einem Stadtteil von
Weiterstadt ein Landwirt bereit fand, die - weiter angewachsene -
Herde aufzunehmen.

Bereits seit fast fünf Jahren beschäftigt der Gnadenbrothof das
Veterinäramt. Ziegen, Schweine, Geflügel und Pferde wurden dort "in
großer Anzahl unter in vielfacher Hinsicht alles andere als
artgerechten Bedingungen" gehalten. Im Sommer 2002 beschlagnahmten die
Behörde auf Beschluss des Amtsgerichts 133 Ziegen. Beim Veterinäramt
ist man ziemlich fassungslos über so viel Ignoranz und die mit
"Tierliebe" begründete Weigerungshaltung der Frauen. Die Ohrmarken
werden kostenlos zur Verfügung gestellt. Davon Gebrauch zu machen,
würde den Tierhalterinnen ständige Auseinandersetzungen, hohe
Anwaltskosten, Strafen und auch das Risiko, im Ernstfall in Regress
genommen zu werden, ersparen.


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