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AHO Aktuell - 01.10.2005

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt Taubenfütterungsverbot


Mannheim (aho) - Das in der Stadt Mannheim geltende
Taubenfütterungsverbot ist nicht zu beanstanden. Das hat der 1. Senat
des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom Donnerstag den 22.09.2005 mit einem am
27.09.2005 verkündeten Urteil entschieden. Damit blieb die Klage einer
Mannheimer Rentnerin, die nach ihren Angaben als überzeugte
Tierschützerin ihrem Gewissen folgt und hungernde Tauben "aus Mitleid"
in der Mannheimer Innenstadt füttert, gegen eine entsprechende
Verfügung der Stadt Mannheim auch in der Berufungsinstanz ohne Erfolg.

Die Rentnerin hatte wiederholt Tauben gefüttert und die Stadt Mannheim
hatte ihr mit Hinweis auf die die städtische Polizeiverordnung unter
Androhung eines Zwangsgeldes untersagt, Tauben zu füttern. Die
hiergegen beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhobene Klage wurde mit
Urteil vom 7.10.2004 - 11 K 438/04 - abgewiesen. Mit der vom VGH
zugelassenen Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, dass die
Polizeiverordnung rechtswidrig sei. Diese beruhe auf längst überholten
Annahmen zum Schadenspotenzial von Tauben, die als "Ratten der Lüfte"
bezeichnet würden. Absolute Taubenfütterungsverbots verstießen zudem
seit der Einfügung des Staatsziel des Tierschutzes in Art. 20a GG
gegen die Verfassung. Denn insbesondere zu Frostzeiten müssten
Stadttauben gefüttert werden; zudem gebe es neue tierfreundliche
Konzepte zur Regulierung der Taubenpopulation, etwa in Form von
städtischen Taubenhäusern.

Zur Begründung des jetzt verkündeten Urteils führte der Vorsitzende
des 1. Senats, Präsident Dr. Karl-Heinz Weingärtner, im Wesentlichen
aus: Das in der Polizeiverordnung der Beklagten geregelte
Taubenfütterungsverbot bezwecke eine Reduzierung der Taubenpopulation,
d.h. der Anzahl der Tauben im Stadtgebiet, und diene damit der
Gefahrenabwehr. Durch große Mengen an Taubenkot könne es zu Schäden an
Gebäuden, insbesondere Baudenkmälern, kommen; jedenfalls würden hohe
Reinigungskosten verursacht. Neben dem Schutz des Eigentums würden mit
der Verbesserung der Reinlichkeit des öffentlichen Raums auch Gefahren
für die Gesundheit - etwa durch allergische Reaktionen beim Einatmen
von Feder- oder Kotstaub - verhindert. Gesundheitsbelastungen für
Menschen sowie Allergien könnten auch durch von Tauben verbreiteten
Parasiten hervorgerufen werden. Es komme nicht darauf an, ob
verwilderte Stadttauben generell als Gesundheitsschädling im Sinne des
Infektionsschutzgesetzes anzusehen seien. Die dauerhafte Verringerung
des Nahrungsangebots durch ein generelles Fütterungsverbot sei das aus
wissenschaftlicher Sicht erfolgversprechendste Verfahren, um die Zahl
der Tauben zu verringern, auch wenn seine Durchsetzung unter
Praxisbedingungen auf Schwierigkeiten treffe.

Ein Taubenfütterungsverbot sei auch nach der Einfügung des
Tierschutzes in das Grundgesetz weiterhin zulässig. Ein absoluter
Schutz für Tiere sei mit dieser Rechtsänderung nicht verbunden;
vielmehr solle damit nur ein "ethisches Mindestmaß" sichergestellt
werden, wie es im Tierschutzgesetz bereits normiert ist. Es spreche
schon vieles dafür, dass aus dem Tierschutzgesetz kein Handlungsgebot
folge, die Tauben zu füttern. Selbst wenn man aber von einer
Handlungspflicht ausgehen sollte, sei gleich wohl das
Taubenfütterungsverbot gerechtfertigt. Denn wie bereits im
Tierschutzgesetz geregelt, dürfe niemand einem Tier "ohne vernünftigen
Grund" Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen. Von einem solchen
"vernünftigen Grund" i.S. des Tierschutzrechts sei das
Taubenfütterungsverbot angesichts der damit verfolgten Zwecke
gerechtfertigt.

Es sei auch nicht geboten, die Klägerin wegen der besonderen Umstände
des Einzelfalles und der von ihr geltend gemachten Gewissensnot
angesichts leidender Tiere von der Beachtung des
Taubenfütterungsverbots freizustellen. Auch wenn das Gewissen eine
Handlung verlange, die rechtlich verboten sei, könne von der Klägerin
wegen der entgegenstehenden Rechtsposition anderer Personen, über die
sie sich nicht einfach hinwegsetzen dürfe, verlangt werden, den
Forderungen ihres Gewissens auf eine rechtlich nicht verbotene Weise
nachzukommen. So könne sie sich anderweitig für die Sache des
Tierschutzes engagieren; hier dränge sich insbesondere eine Mitarbeit
im Tierschutzverein auf, der gemeinsam mit der Stadt Mannheim die
beiden Taubenhäuser betreuen werde, die auf die Neckarwiesen umgesetzt
würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen dieses Urteil nicht
zugelassen; hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht
eingelegt werden (AZ: 1 S 261/05).


 



 

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