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AHO Aktuell - 26.11.2005

Leipziger Homöopathie-Studie zurückgezogen +++ Preisgeld zurückgezahlt


(GWUP) - Im Jahre 2003 erregte eine Gruppe von Leipziger Forschern
(die Apothekerin Franziska Schmidt sowie die Pharmakologen Prof. Dr.
Karen Nieber und Prof. Dr. Wolfgang Süß) mit dem vermeintlichen
Nachweis der Wirksamkeit homöopathischer Belladonna-Verdünnungen
Aufsehen. Es war ihnen angeblich gelungen, die muskelentspannende
Wirkung homöopathischer Belladonna-Dosen (D32, D60 und D100) an
Muskelpräparaten aus Magen und Dünndarm von Ratten in
Laborexperimenten nachzuweisen. Noch vor der Veröffentlichung ihrer
Ergebnisse in der Zeitschrift "Biologische Medizin" erhielten sie 2003
für Ihre Arbeit den mit 10.000 Euro dotierten, von der Internationalen
Gesellschaft für Homotoxikologie e.V. und der Internationalen
Gesellschaft für Biologische Medizin e.V. verliehenen
Hans-Heinrich-Reckeweg-Preis; mit diesem Preis werden
herausragende Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Homöopathie
ausgezeichnet. Daraufhin wurden die Leipziger Experimente von
Homöopathen weltweit als wichtiger Beweis für die Richtigkeit der
Homöopathie gefeiert.

Nach Veröffentlichung der Studie wurde jedoch Kritik laut. Der
Konstanzer Chemiker Dr. Klaus Keck, der Mathematiker Professof Gerhard
Bruhn (Darmstadt) und der Geophysiker Professor Erhard Wielandt
(Stuttgart) erstellten eine ausführliche Analyse der Leipziger
Experimente und veröffentlichten diese auf einer eigenen
Webseite. Die Autoren warfen den Leipziger Forschern vor,
dass ihre Ergebnisse nicht auf objektiven Messungen, sondern auf
"vorurteils- und methodisch bedingten Messfehlern" beruhten. Dabei war
vor allem von Interesse, ob mit den von den Leipziger Forschern
angewandten Methoden ein Wirkungsnachweis mit naturwissenschaftlich
fundierter Begründung möglich ist. Eine kompakte Version dieser
Analyse wurde im Heft 3/2005 der Zeitschrift Skeptiker veröffentlicht.

Wie jetzt die Deutsche Apothekerzeitung in ihrer Ausgabe vom 3.11.05
berichtet, haben die Leipziger Pharmakologen die Studie zurückgezogen
und den Reckeweg-Preis zurückgeben. In der Tat verschwand der Hinweis
auf die Auszeichnung zwischen dem 8. und 9. November 2005 kommentarlos
von der Homepage von Prof. Nieber. Eine Anfrage des Zentrums für
Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP bezüglich dieser Vorgänge
an die Pressestelle der Uni Leipzig vom 8.11.05 blieb bis dato
unbeantwortet. Angesichts der großen Aufmerksamkeit, die der
Untersuchung seinerzeit zuteil wurde, ist erstaunlich, wie gering
bislang das Echo auf die Rücknahme der aufgestellten Behauptungen ist.
Weder die Beteiligten selbst noch die verschiedenen homöopathischen
Organisationen haben bislang eine Stellungnahme dazu abgegeben.

Nach der für die Homöopathie unerfreulichen Metaanalyse in
der Zeitschrift Lancet vom August 2005 wurde die Homöopathie in dem
Ende September 2005 erschienenen Handbuch Die Andere Medizin der
"Stiftung Warentest", als "nicht geeignet" bewertet. Die Rücknahme der
Leipziger Studien ist nun der dritte schwere Schlag, den die
Homöopathen innerhalb weniger Monate hinnehmen müssen. Zudem findet
sich in der oben genannten Ausgabe der Deutschen Apothekerzeitung eine
Stellungnahme der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft mit
der Überschrift "Homöopathie wirkt, aber nicht die homöopathische
Arznei", was auf die rein psychische (sprich: Placebo-) Wirkung
homöopathischer Mittel anspielt. Die DPhG fordert, dass
"wissenschaftliche Aussagen zu homöopathischen Arzneimitteln äußerst
kritisch zu überprüfen sind".


Quellen:

DAZ (2005) Wirkung ohne Molekül.
Deutsche Apotheker Zeitung 145(44), S. 24f.

Holzgrabe, U; Dingermann, T.; Schubert-Zsilavecz, M.; Mohr, K. (2005)
Homöopathie wirkt, aber nicht die homöopathische Arznei.
Deutsche Apotheker Zeitung 145(44), S. 25.

Schmidt, F.; Süß, W.G.; Nieber, K. (2004)
In-vitro Testungen von homöopathischen Verdünnungen.
Biologische Medizin 33: 32-36 [zurückgezogen]

Sadigh, Parvin (2005):
Mit Kanonen auf Kügelchen.
In: Die ZEIT, 41.


 



 

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